Hallo zusammen
@Beny
Ich will Dir ja nicht deine Kundschaft abspenstig machen, aber wieso viel Geld (Erwerb, Unterhalt und Strom) für eine Symptombehandlung ausgeben, wenn man (fast) umsonst die Ursache beheben kann, bzw. DIE URSACHE BEHEBEN MUSS?
Pascal
Erstmal: Argentinische Totenkopfschaben sind wohl ein Fantasiegespinst. Es gibt arg. Waldschaben (Blaptica dubia) und Totenkopfschaben (Blaberus craniifer). Ich hacke da etwas darauf rum, da sich diese Schaben doch etwas in der Haltung unterscheiden (und man mal wieder sieht, wieso wissenschaftliche Namen ihre Berechtigung haben, auch wenn es nur um Futtertierchen geht).
Zur Populationsdichte: B. dubia lieben es, aufeinander zu hocken und können sehr eng (mit ausreichend Klettermöglichkeiten für Frischgehäutete zum Aushärten) gehalten werden. Das fördert zudem ihre Reproduktion. Vermutlich liegt dies an einer Art Microklima in diesen "Schabenhaufen". Lokal wird so eine hohe rLF und teils auch eine leicht höhere Temp. erreicht, was schneller zu Schimmelbildung etc. führt. Wenn Du unten in einer nur oben offenen Schachtel viele Eierkartons hast, wo alle Zwischenräume mit Schaben gefüllt sind (was diese Art im Unterschied zu vielen andern ausgesprochen gerne hat), hast Du da fast keine Luftzirkulation mehr und es gammelt wirklich rasch.
B. craniifer braucht v.a. für die frisch Gehäuteten und bei hohem Männchenbesatz ausreichend Bewegungsfreiheit (auch wenn sie tagsüber eng zusammenhocken) und mögen eine bessere Belüftung.
Diese Schaben geben bei Bedrohung oder Stress ein Defensivsekret ab, welches süsslich-müffelig riecht (jeder empfindet den Geruch anders), die Zucht an sich sollte jedoch so gut wie geruchsneutral sein. Ohne Substrat müffelts eher, was meiner Meinung nach am Kot liegt. Nach Ammoniak riechts nur, wenn die Luftzirkulation schlecht ist, der Kot nicht genug rasch austrocknet oder die Besatzdichte zu gross ist (bzw. meist wohl eine Kombi davon).
Nun zu deinem Problem: Es liegt nicht primär im Gestank (wie Du vielleicht gedacht hast), sondern in den Gefahren, die daraus oder aus den Gründen des Gestanks, resultieren!!!
Der Geruch entsteht meist schon wegen toten Tieren (und dann modert oft auch das Futter daneben mit), weil sich darin Bakterien breit machen. Einige dieser Bakterien sind sog. Opportunisten, sie können also bei günstigen Umständen (oder hoher Anzahl) zum Problem für gesunde Tiere werden und somit auch für deren Predatoren (Vogelspinnen, Echsen, Mantiden). Ein typisches solches Bakterium führt zu einer rötlichen Verfärbung der Leichen und manchmal auch des umgebenden Substrats.
Zudem geben vergammelnde Schaben Feuchtigkeit ab (sie zerfliessen oft innerlich, laufen dann aus und tränken das umgebende Futter/Substrat mit "Leichenflüssigkeit"), was die Umgebung rasch verschimmeln (auch Schimmelpilze sind nicht wirklich gesund und können mitunter giftige Toxine bilden -> Aflatoxin lässt grüssen) oder sonstwie verderben lässt. Lecker, nicht?
Und noch ein Punkt, der Dir das Schaudern den Rücken runter treiben sollte: Dieser Gestank lockt Buckelfliegen (Phoriden) an, kleine einheimische, teils auch importierte Fliegenarten. Diese sehen ähnlich aus wie Drosophila, sind jedoch oft am Boden unterwegs, sind viel schneller und nervöser. Sie ernähren sich von toten Tieren, können aber auch lebende befallen (z.B. wenn diese die Eier verschlucken). Die Maden fressen sich durch die Eingeweide der Schaben und verflüssigen diese (die Schabe wird ganz labberig, trocknet nach dem Tod nicht aus und zerfällt beim Rausnehmen). Buckelfliegen können ganze Schabenbestände innert wenigen Wochen vernichten und befallen bei hoher Anzahl (wenn also das Futter knapp wird) auch andere Wirbellose (wie Vogelspinnen)! Eine problematische oder stark überbevölkerte Schabenzucht "erkrankt" rasch an diesen Mistviechern und viele der Leute, die seit längerem Schaben (speziell mehrere Arten) halten, haben schon deren Bekanntschaft gemacht und fast jeder davon hatte seine liebe Mühe, die Biester wieder los zu werden. Ich gehöre leider auch dazu und das nur, weil eine Box wenige Tage lang etwas zu feucht und leicht überbevölkert war. Seither gehören Buckelfliegen zu meinen Erzfeinden!
Ja dann wären da noch Milben, die Du Dir einfangen kannst, denn die lieben es gammlig und es gibt noch weitere kleinere Gründe, wieso die Ursache behoben werden sollte, aber die sind Peanuts im Vergleich zu obigen Aspekten.
Zu den Lösungsvorschlägen:
- Tote Tiere (und Futterreste) rauslesen wäre der beste Anfang.
- Trockenere Haltung, was v.a. bei B. craniifer nicht immer zum Ziel führt und dafür die Nymphen schneller vertrocknen lässt. Vorteil wäre, dass man Trockenfutter auf Reserve grosszügig als "Bodengrund" nehmen kann, aber nur solange, wie keine Probleme bestehen (Milben und Schimmel gibts rasch und sieht man oft erst, wenns total überbordet). Was viele vergessen/ignorieren: Die Kothäufchen sind, auch wenn trocken, die reinsten Mikrobenschleudern und erhöhen das Risiko einer Allergie (auf Schaben, Milben oder Schimmelpilze). Zudem landet ein Teil dieser Mikroorganismen in den Schabenmägen und letztenendes in der Vogelspinne oder der Echse.
- Nur so viel Feuchtfutter geben, wie in einer Nacht gefressen wird, Trockenfutter wie Flocken darf in einer Schale als Reserve gereicht werden. Proteinhaltiges Futter nur als Zusatz geben, damit es nicht zu Kannibalismus kommt und die Reproduktion nicht einbricht. Vergammelte Proteine stinken am Schlimmsten (wie von Benz schon erwähnt).
- Entweder nur recht flache Boxen mit Oberlüftung verwenden oder dann eine seitliche Lüftung anbringen (habe beides, ersteres halte ich bei nicht-fliegenden Schaben für bewährter).
- Meine Strategie: Ich halte fast alle Schaben auf leicht feuchtem Substrat wie Walderde oder Kokoshumus (und die Ausnahmen sind diejenigen, wo ich eher mal Probleme bekomme und wos schneller müffeln kann etc. ). So können sich die Nymphen verkriechen und haben genug Feuchtigkeit und die Luft unter den Eierkartons zirkuliert besser, es kommt nicht zu einer stickigen Atmosphäre und Tote vergammeln somit nicht so leicht. Dafür fallen sie in das Substrat, wo sie trotz der Feuchtigkeit entweder besser austrocknen (eben wegen der Luftzirkulation) oder aber gefressen werden. Klar, viele Schaben sind Kannibalen/Saprophyten und fressen die Leichen auf, aber nur, wenn diese nicht "verdorben" sind. Damit auch verdorbene Leichen sang- und klanglos verschwinden habe ich jede Menge weisser Asseln (Trichorhina tomentosa) und Springschwänze im Substrat (bei trockener Haltung habe ich Alphitobius diaperinus drin, ist nicht so effizient, aber viel besser als nichts). Probleme und Geruch sind da gleich null! Rausmisten muss ich so nur alle paar Monate, denn Kot und Nahrungsreste verwandeln sich in besten Humus für meine Zimmerpflanzen.
Schaben sind schon leicht in der Haltung, aber ohne Aufwand geht es leider kaum und eine gewisse Hygiene sollte sein!
Grüessli
Andreas