Hi,
Das wird wahrscheinlich mein erster und letzter Post hier sein :'D
Kurz zu mir: Ich heiße Tristan, bin 27 und halte seit meinem 8. Lebensjahr Vogelspinnen. Seit ~8 Jahren befasse ich mich größtenteils mit Aviculariinae und Psalmopoeinae.
Vor ~5 Jahren bin ich dann auch in die Zucht eingestiegen.
Ja es hat ziemlich lange gedauert bis ich mit dem Züchten angefangen hab. Es war eben Anfangs noch so dass man sich für eine Art begeistert hat, Bücher darüber gewälzt hat, sich Stück für Stück Terrarium, Pflanzen, Technik etc zusammengestellt hat um dann erstmal am Stammtisch nen Züchter für die Art ausfindig zu machen. Börsen waren spinnentechnisch noch nicht so extrem variabel aufgestellt. Gleichzeitig haben viele Arten auch noch bisschen was gekostet sodass man garnicht wirklich dazu gekommen ist sich spontan im Vorbeigehen ne Spinne mitzunehmen.
Seitdem ist viel passiert. Vor ~10 Jahren ging der Hype um Caribena versicolor los, Instagram ist ein Tool geworden um seine Tiere zu zeigen, jeder wollte sie haben, die Preise sind gefallen und sie sind ne Massenware geworden. Türlich wurden auch vorher schon Arten etabliert und wurden günstiger, aber ich bin der Meinung damals ging es los dass ein Hype extrem schnelllebig wurde. Da zeigt diese und jene Hobby-Größe ein Bild von Art x und teilts in Gruppe A-Z. Da kaufts Farmzüchter ABC ein und vermehrt die Tiere in Hochregalen voll mit kargen Braplast-Boxen. Masse Masse Masse und casht ab bis sie jeder hat und die Preise ins Bodenlose sinken. Klassiker wie Psalmopoeus irminia und Lasiodora parahybana werden immernoch nachgezogen, aber in solchen Massen dass es sich für den Züchter noch rentiert. Aber wohin mit den ganzen Nachzuchten? Irgendwann hat jeder seine 1-3 Tiere von Art y.
Was in den Gruppen nicht publik gemacht wird: Ja du hast deinen Versicolor-Sling für 3,50€ gekauft, so wie alle anderen Neulinge die das erste Mal in Hamm sind. Aber der Rest der Tiere die nicht verkauft werden wird gefrostet. Ja es gibt Leute die jedes einzelne Tier hochziehen das sie nicht wegbekommen, aber das ist die absolute Ausnahme.
Das ganze Hobby ist in meinen Augen zu ner abartigen Maschinerie an Hype-Generierern, Massenzüchtern, Dumpingpreisen und Social Media Posts verkommen.
Es geht nicht mehr darum sich für ein Tier zu faszinieren, es bei nem namhaften Züchter zu kaufen und es in nem optimal eingerichteten Terrarium zu halten oder auch seltene Art, Lokalform xy zu erhalten. Es geht um Sehen-Wollen-Kaufen-Posten.
Und das nimmt krankhafte Formen an.
Ehemals kleine Züchter halten sich mindestens 5 Irminia-Weibchen und verpaaren jedes Weibchen jedes Jahr mindestens ein mal um die Nachzuchten dann im über 100er Pack für nen Spottpreis an Zooläden und Onlineshops zu verkaufen die sie dann für das zehnfache weiterverkaufen. Tun sie das nicht bleiben sie auf den Nachzuchten sitzen. Züchten sie weniger rentiert es sich nicht. Hobbyneulinge die Irminias(und ähnlich etablierte 'Anfängerarten') kaufen würden kennen kein Spidercity oder Terraristik.com, dort wird man als kleiner Züchter seine NZ also auch nicht wirklich los. Leute unterbieten sich mit den Preisen bis zum geht nicht mehr und 'produzieren' dabei immer mehr damit es noch rentabel für sie ist. Es gibt einen massiven Zuchtüberschuss der wie gesagt gefrostet wird.
Wozu führt der ganze Mist?
1. Es wird massenhaft gezüchtet und auch vernichtet(gefrostet). Das Tier ist zu einer Billigware geworden.
2. Viele Leute informieren sich nicht mehr über die Haltung und Herkunft der Tiere. Ich hab in den letzten Jahren so viele Bodenbewohner auf Kokoserde und Baumbewohner in flachen Boxen gesehen. Wurde angefeindet weil ich Chromatopelma cyaneopubescens lieber auf Lehm-Sandgemisch als auf Kokos-Waldhumusgemisch halte und und und. Stammtische sind auch kein Ort für Neueinsteiger und einen sachlichen Austausch mehr. Neulinge werden von oben herab behandelt, erfahrene Halter/Züchter sind Konkurrenten und es wird übereinander gelästert.
3. Es werden zwar viele Tiere falsch gehalten, es werden aber auch Leute angefeindet die um Hilfe bitten wenn sie ihre Tiere falsch halten. Es traut sich am Ende keiner mehr nachzufragen. Es traut sich aber auch kein Züchter mehr Probleme im Hobby anzusprechen weil er dann von irgendeiner 'Hobby-Größe' gecancelt oder an den Pranger gestellt wird.
4. Seltene Arten und Lokalformen die jetzt nicht das perfekte Insta-Bild hergeben verschwinden aus dem Hobby. Ich hab zB dieses Jahr nen Kokon Wildfangnachzuchten Avicularia cf. juruensis(ex. huriana) aus Tená in Ecuador gehabt. Hab sie zuerst zu normalen, dann zu Peru-Purple-Preisen und dann zu verschenken angeboten. Kein Mensch hat sie mir abgenommen.
Und so hab ich 50 von den 218 Tieren eingefroren und es dann in zwei große deutsche Spinnengruppen gepostet. Ich habs direkt bereut.
Das Traurige ist: da gabs dann den Aufschrei. Nicht bei der ganzen Misere die die Leute mitverantworten sondern wenn sie dann sehen was mit den nicht abgenommenen Nachzuchten passiert. Selbe Sorte Mensch die weint wenn sie Videos ausm Schweinestall sieht und sich dann 2€-Steaks auf den Grill ballert oder sich über den Klimawandel beschwert und dann erstmal nach Bali in den Urlaub fliegt. Ich hab 10 Minuten nach dem Post die ersten Hate-Nachrichten bekommen(vonwegen mit mir sollte man dasselbe machen, ich wäre ein Kindsmörder etc). Ich hab gesagt dass es wie gesagt einen Grund hat dass seine Versie nur noch 3€ kostet. Meinte einer er hält nur Lasiodora und Theraphosa.. klar, weil Leute von einem 1000 Larven fassenden Lasiodora-Kokon jedes einzelne Tier hochziehen..
An der Stelle meine ich natürlich nicht nur die von mir genannten Arten, ihr könnt sie sicher passend ergänzen.
Welche Konsequenzen ziehe ich?
Ich hab das erste und letzte Mal gefrostet, so viel ist klar. Ich bin dieses Jahr in die intensivere/produktivere Zucht(10-20 Kokons im Jahr) eingestiegen und bin jetzt direkt wieder raus. Ich werde meinen Bestand reduzieren, wer Tiere haben möchte findet meine Liste auf Spidercity und Terraristik.com Ich bin aus allen spinnenbezogenen Gruppen raus und tausche/verkaufe - wenn ich doch mal was nachziehe - nur noch mit jahrelang befreundeten Züchtern. Und wenn ich etwas nachziehe dann nur noch was mich persönlich noch hypet und was ich erhalten möchte. Das Ganze nur noch im Stillen und für mich.
Was ich mir wünsche:
- ne UVP für jede Art wäre wünschenswert
- ne Preisuntergrenze von 5€ pro Tier. Einfach als Schutzgebühr um Spontankäufe zu vermeiden sowie die Massenproduktion einzudämmen. Wenn es keine 100 Slings mehr für 100€ und weniger gibt kaufen Shops nicht mehr in diesen Massen ein, es bleibt nicht mehr so viel übrig und das Massenfrosten hat ein Ende.
Ich finde es schade was aus dem Hobby geworden ist mit dem ich aufgewachsen bin und das ich die meiste Zeit meines Lebens schon betreibe.
Bitte spart euch die Hate-Nachrichten. Ihr seid ein Teil der Entwicklung..
LG Tristan