Hallo zusammen
Wie es der Titel schon sagt: Ich habe eine Arachnophobie.
Ich lese ab und zu hier im Forum. Als ich den Beitrag über die Studie zu Schlaf und Therapieerfolg bei Spinnenphobikern gelesen habe, dachte ich, ich melde mich jetzt mal an. Dann steht Euch wenigstens 1 Phobiker zur Verfügung, wenn Leute für Studien gesucht werden oder wenn jemand Fragen hat. Und es ist tatsächlich so, dass ich Interesse habe sowie begeisterungsfähig und daher auch sehr fasziniert von den Beiträgen hier bin. Ich erzähle Euch ein wenig von mir, falls es den ein oder anderen interessiert.
Meine Phobie begleitet mich schon seit ich zurück denken kann. Ich weiss auch, wieso ich sie habe und ich weiss deshalb, dass ich sie nur mit Hypnose in den Griff bekommen kann. Ich leide sehr unter der Phobie, im Sommer ist sie sehr präsent und macht mich verrückt. Ich kriege schon Pusteln, wenn ich nur daran denke und ich erkenne am Blick, an der Mimik und Gestik anderer, wenn sie eine Spinne entdeckt haben, die ich übersehen hatte.
Ich ekle mich aber nicht vor Vogelspinnen, es ist nicht dasselbe mit Vogelspinnen. Ich habe grossen Respekt vor Vogelspinnen und wahrscheinlich auch grosse Angst, wenn ich spontan einer begegnen würde. Aber eben...Angst, nicht Ekel, nicht das übliche Drama.
Meine "phobische" Reaktion beschränkt sich auf
- Situationen, in denen ich die Spinne nicht erwarte und mich sehr erschrecke, oder
- Situationen, in denen ich eine Spinne sehr nah an meinem Körper oder sogar auf meiner Haut entdecke, oder
- Spinnen ab und bis zu einer bestimmten Grösse, Form, Postur und
- Geschwindigkeit
Insofern würde ich ganz bestimmt Amok rennen, wenn ich in Australien eine Vogelspinne in Tellergrösse an meinem Duschvorhang entdecken würde. Überhaupt ist Australien wunderschön, aber nie im Leben würde ich freiwillig dahin reisen. Seit ich einen Beitrag über die Atrax robustus gesehen habe, ist die Wahrscheinlichkeit einer Reise nach Australien von "sehr wahrscheinlich nicht" auf "Hau bloss ab mit Australien" gesunken.
Ich darauf reagiere?
Nun, das kommt immer auf die Situation drauf an. Bei mir hauste letztes Jahr über den Sommer eine Zitterspinne, die ihr kleines Eigentumsnetz über die Wochen zu einem Hängeanwesen ausbaute. Ich habe sie weder raus gescheucht noch getötet. Sie blieb in meinem Blickfeld, aber gestört hat sie mich nicht. Ich bediene mich eines extremen Erlebnisses, um das zu schildern:
Im Ankleidezimmer unserer Wohnung lag mein Rucksack, den ich nach meiner letzten Tauchreise kaufte. Der lag schon eine ganze Weile da, wahrscheinlich mindestens 6-8 Monate und er war staubig. Wieso weiss ich nicht mehr, aber ich wollte ihn meinem Freund zeigen. Ich ging also ins Zimmer, hob den Rucksack hoch und präsentierte den, Rückseite gegen mich, Vorderseite gegen ihn. Ich drehte den Rucksack stolz ein wenig, weil er mir so gut gefällt. Da entfährt meinem Freund ein "WHUOOOOOOOU".
ZACK! Rucksack landete auf dem Boden und ich rauschte über das Wohnzimmer in den Garten. Ich hielt dort erst mal an, kreischte leiste und krampfhaft vor mich hin und fing an, alle meine Muskelpartien anzuspannen. Es krabbelte und kribbelte auf meinem ganzen Körper, ich kratze mich überall und "streifte" die immaginären Spinnen auf meiner Haut ab. Ein Haar fiel von meinem Kopf auf meine Schulter, ich schrie auf wie eine Sau im Schlachthof, schlug mir selber auf die Schultern und hüpfte ein paar Meter weiter weg. (Jetzt wo ich das hier erzähle fängt es überall an meinem Körper an zu kribbeln...)
Wenn ein Phobiker etwas über die Grösse einer Spinne erzählt, sollte man diese mindestens halbieren. Aber sogar mein Freund musste sich überwinden, wieder ins Zimmer zu gehen. Ich für meinen Teil stand ein paar Stunden im Garten und hüpfte im Kreis.
Nun, er kennt sich ein wenig aus und konnte mir sagen, dass das 3 Winkelspinnen waren, die an der Rückseite des Rucksacks klebten und er sie nur sah, weil sie sich bewegten, als ich den Rucksack drehte.
Bitte seid nicht böse auf mich, wenn ich sage, dass wir (also eigentlich er aber ich übernehme mit die Verantwortung) die Spinnen nach einer ewigen Rumhampelei gefunden und gleich erschlagen haben. Er zeigte mir danach den Fleck wo sie klebten und dann war vorbei. Ich fing an zu schwitzen, zu zittern und musste aus der Wohnung raus.
Ende der Geschichte
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Wenn ich eine Spinne (alles was einer Winkelspinne nahe kommt oder ähnlich sieht oder gar ist) in der Wohnung entdecke, kann ich für schätzungsweise 1 bis 2 Wochen keinen Raum mehr betreten, ohne dass mein Freund den Raum vorher abgecheckt hat. Er weiss inzwischen, was abchecken heisst, ich kenne die Orte, wo sie sich gerne aufhalten und er musste es lernen. Die Zeit verlängert sich dann, wenn er tatsächlich bei einem Check eine Spinne findet.
Aktuelles Problem
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Heute Morgen war ich in meinem Ankleidezimmer und zog mich um. Mein Freund hatte die Wohnung schon verlassen.
Als ich die Schuhe aus dem Schuhregal nahm, fielen mir zwei, drei kleine Spinnen an der Wand auf. Ich schaute hoch und das Grauen erstreckte sich über mir. Ich hatte es irgendwie schon erwartet. Dieses mittlere Zimmer bietet Unmengen an Möglichkeiten für eine Spinne, sich zu verstecken. Insofern können es unzählig da drin sein, ich versuchte immer, diesen Gedanken auszublenden.
Jedenfalls klebten heute Morgen ungefähr 30-50 kleine Babyspinnen an der ganzen Decke und liessen sich teilweise runterhängen. Ich fing sofort an, meine Kopfhaut zu kratzen (und jetzt auch, ich kratze wie verrückt), machte das Fenster auf und die Türe zu.
Mein Freund wird heute das ganze Zimmer rausräumen und nach dem Urheber suchen (oder den Urhebern). Danach sollten wir wohl überall Fliegengitter installieren, wohl wissend, dass das keine 100%ige Sicherheit bietet.
Aber ehrlich, hier weiss ich nicht, was ich tun soll, es sind so viele. Ich würde am liebsten die Wohnung in Brand stecken.
Therapie
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Meine Krankenkasse will eine Therapie nicht bezahlen, kann ich irgendwie verstehen, irgendwie auch nicht. Leider fehlt mir bis zum Ende meines Studiums das Geld, um einen Therapeuten selber zu bezahlen, bzw. gebe ich das Geld lieber für Nahrungsmittel und halt existenziellen Bedarf aus. Eine "Schocktherapie" ist ferner nicht der Weg, den ich gehen möchte. Nach dem Studium werde ich es aber angehen, es wird eben auch immer schlimmer.
Und trotzdem bin ich eben so eine Rampensau ( ) dass ich mich dennoch für eine Studie zur Verfügung stellen würde, sofern diese für Tier und Mensch erträglich bleibt. Ich bin ja auch neugierig...
So, wer es bis hier hin geschafft hat, dem zolle ich meinen Respekt. Ich hoffe, ich habe niemandes Zeit vergeudet wenn jemand Fragen hat, bin ich offen, diese zu beantworten.
LG