Revision der Gattung Phormingochilus und Änderungen der Gattungen Cyriopagopus, Haplopelma und Omothymus

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  • Hi zusammen


    Ich habe eigentlich gehofft noch etwas damit warten zu können, sehe aber in diversen FB-Gruppen bereits die neuen Artbezeichnung. Deshalb möchte ich euch hier ein kurze Zusammenfassung abgeben.


    Andrew Smith und Michael Jacobi haben im letzten BTS Journal, welches gestern erschienen ist, die Gattung Phormingochilus revidiert- Darin werden drei neue Arten beschrieben sowie andere Synonymisierungen vorgenommen die uns Hobbyhalter betreffen.


    Die Gattung Phormingochilus wurde um drei Arten erweitert

    • Phormingochilus kirki sp. nov. wurde anhand eines Männchens beschrieben, dieses Männchen wurde im Jahr 1847 gesammelt und später dem Typus von P. everetti als zusätzliches Material (Paraytyp) hinzugefügt. Das Männchen verfügt jedoch über keine Tibiaopophysen, das von P. everetti hingegen schon. Dies haben die Autoren nun in der Sammlung entdeckt und beschrieben. Hier wird die Sache sehr wiedersprüchlich: Sie schreiben mehrmals das gemäss Pocock's Beschreibung die Art P. everetti über keine Tibiaapophysen verfügt, das Hobbymaterial von P. everetti hingegen schon, erwähnen aber nicht, dass das Hobbymaterial nun von P. everetti nun P. kirki sein könnte? Alles sehr suspekt und deshalb schlage ich vor noch einige Tagen/Wochen abzuwarten bis andere Experten auf dem Gebiet dazu ihre Meinung äussern.
    • Phormingochilus carpenteri sp. nov. wurde ebenfalls anhand Material beschrieben, welches sich bereits im Museeum befand. Die Art stammt aus Sulawesi und ist möglicherweise (!!!) dasselbe, wie die Tiere die wir unter dem Namen Cyriopagopus sp. "Sulawesi Black" halten. Dies gilt es jedoch erst zu verifizieren, was sich leider als nicht sehr einfach darstellen wird. Die Artdiagnose in der Beschreibung ist relativ dürftig.
    • Phormingochilus pennellhewletti sp. nov. wurde anhand eines Weibchens und eines Männchens beschrieben. Diese Art wurde in den Kelabi Highlands im inneren Borneos, Grenze Malaysia/Indonesien von Mark Pennel und Dean Hewlett entdeckt.

    Weiter wurde das Typusmaterial von Cyriopagopus paganus untersucht, dieses befindet sich in Kalkutta, Indien. Dabei handelt es sich um die Typusart der Gattung Cyriopagopus, anhand dieser Art wurde die Gattung Cyriopagopus erstellt. Die Authoren stellen nun fest, dass es sich bei Cyriopagopus paganus um wohl um ein Tier der Gattung Haplopelma handelt. Dies Aufgrund folgender Aussage des Authors

    Zitat

    raised caput of the carapace and the fused seminal receptacle of the specimen fits Raven's revised key for the genus Haplopelma Simon, 1892


    Sprich, aufgrund einer Erhöhung auf dem Carapax sowie der "fused" Spermathek ist es wohl eine Haplopelma. Somit werden nun alle Haplopelma in die Gattung Cyriopagopus überführt, weil diese schon länger existiert. Als Hinweis, O. andersoni und aureotibialis haben ebenfalls einen "raised caput", darauf wird aber keine Stellung genommen...... :thumbup:

    • Alle Haplopelma sind nun Cyriopagopus!
    • Aus Haplopelma lividum mach Cyriopagopus lividus
    • usw.....


    Die Arten, die bis anhin in der Gattung Cyriopagopus waren, werden automatisch in ihre alte Gattung Omothymus übertragen. Desweiteren haben die Autoren auch noch den Holotypus von Lampropelma violaceopes untersucht, sie transferieren die Art ebenfalls in diese Gattung. Daraus ergibt sich folgendes.

    • Omothymus schioedtei Thorell, 1891:
    • Omothymus thorelli Simon, 1901k
    • Omothymus thorelli Simon, 1901k
    • Omothymus violaceopes (Abraham, 1924)

    Ich denke das müssten alle Änderung sein die sich aus dem Artikel ergeben. Aufgrund der Qualität einzelner Passagen und der verwendeten Eigenschaften zur Gattungs- und Artabgrenzung habe ich etwas meine Zweifel das diese Revision von den Fachleuten in der Szene anerkannt wird. Dagegen spricht auch, dass diese Arbeit in einem Hobbymagazin und nicht in einem peer-reviewed Journal wie dem Journal of Arachnology veröffentlicht wurde.


    Meine Empfehlung:
    Ich für meinen Teil werde meine Haplopelmas nicht umbeschriften und werde ihrem Vorschlag, der Synonymisierung mit Cyriopagopus nicht folgen. Aus dem einfachen Grund weil völlig veraltete Methoden zur Gattungsdiagnose verwendet wurden, Volker von Wirths Arbeiten über die Gattung komplett ignoriert und somit wichtige Schlüsseleigenschaften (Bestachelung Metatarsus IV, Stridulationsorgan an Palpencoxa, etc.) der Gattung nicht in die Bestimmung miteinbezogen wurden und sie den Typus der Gattung Haplopelma nicht untersucht haben. Und wenn man diese Änderung nicht annimmt, muss man konsequenterweise auch die Änderung bezüglich Omothymus verwerfen, da die Gattung ja nicht valide ist. Im Idealfall wird in naher Zukunft eine entsprechende "Gegepublikation" erscheinen die diese Änderungen rückgängig macht oder die Änderungen mit weiteren Fakten untermauert.


    Besten Dank an Volker von Wirth, Sören Rafn und Tobias Hauke für die Gespräche rund um das Thema dieser Revision


    Bei Fragen, ungeniert hier melden! Lasst die Diskussion beginnen :)


    Gruss
    Martin


    Literatur

    • Smith, A.M. & M.A. Jacobi. 2015. Revision of the genus Phormingochilus (Araneae, Theraphosidae, Ornithoctoninae) with the description of three new species from Sulawesi and Sarawak and notes on the placement of the genera Cyriopagopus, Lampropelma and Omothymus. Journal of the British Tarantula Society 30(3): 26-51.
  • Hallo Martin
    ja habe es gestern auf Engisch gelesen aber nicht alles verstanden.
    deshalb bin ich wirklich froh das ganze, gut beschrieben auf Deutsch lesen zu dürfen :D


    Das gibt wieder einiges zu tun......
    Wobei ich noch hören möchte was Volker zu dem ganzen sagt.
    vielen Danke für die Übersetzung.
    Have a nice Day ;)
    mfg Robi

  • Danke Martin für die Neuigkeiten und gleichzeitig Deinen Kommentar! So muss es sein, damit man das Wirrwarr der Taxonomie verstehen kann.


    Ich hatte über das Problem mit den involvierten Gattungen bereits mit Tobias Hauke gesprochen und war jetzt doch sehr gespannt auf den Inhalt dieser aktuellen Arbeit. Aber das ist schon recht schockierend, wie leicht und vorschnell derart umfangreiche Änderungen veröffentlicht werden. Das wird für die nächste Zeit zu einiger Verwirrung führen! Kann ja nicht jeder hier im Forum nachlesen. ;)


    Grüße


    Christopher

  • Also ich muss ja gestehen, ich kenne mich mit dem Ganzen wirklich gar nicht aus, weil das alles zu umfangreich für ist.


    Für Anfänger find ich es jedoch fraglich, wenn nun einige Arten umbenannt werden, denn besonders Haplopelma wird ja öfters in Büchern vertreten und Neulinge werden sicher nicht wissen, dass es früher ihre Beschriftung war. Es könnte also verwirrend sein.


    Auch gibt es ja genug die sich mit Namen schwer tun (schließe ich mich nicht aus) und, wenn nicht alle die neuen Beschriftungen nehmen wird das auch wieder verwirrend. Ich persönlich bin gespannt wie lang Haplopelma nun ihren Namen hat 8)

  • Hi Kafu


    Für Anfänger find ich es jedoch fraglich, wenn nun einige Arten umbenannt werden



    Das gute ist ja, das auf Anfänger keine Rücksicht genommen wird :) Spass beiseite, das Ding ist halt das die Taxonomie und schlussendlich auch Systematik eine Meinung einzelner Personen/Gruppen ist, die versucht verschiedene Tier(arten) zu gruppieren und somit auch einzuordnen. In dieser Arbeit wurde dies halt mit Gattungen der Unterfamilie Ornithoctoninae vorgenommen. An und für sich ja nichts verwerfliches, es kommt ja mittlerweile fast monatlich eine neue Arbeit raus die sich mit Theraphosidae beschäftigt und es somit zwangsläufig auch zu Änderungen in der Namensgebung kommt,


    Das Problem an der hiesigen Arbeit ist jedoch, dass Methoden zur Gattungsbestimmung verwendet wurden welche noch nicht mal um 1995 gut waren. Deshalb ist der Aufschrei gross. Nicht das die Haplopelma Arten nun aufgrund einer Synonymisierung in einer anderen Gattung sind, (Das wird sowieso passieren irgendwann....) sondern weil die Argumentation der Synonymisierung auf alten und nicht mehr zeitgemässen Methoden basiert.


    Solche Namensänderungen gehören zu unserem Hobby seit eh und je, das muss man akzeptieren.


    Gruss
    Martin

  • Nicht das die Haplopelma Arten nun aufgrund einer Synonymisierung in einer anderen Gattung sind, (Das wird sowieso passieren irgendwann....)


    Hei Martin


    Mag sein, daß einzelne "Arten" - denn die sind ja hier im Artikel erwähnt - in einer anderen Gattung unterkommen, doch wie ist es mit der "Gattung" Haplopelma selbst? Wo soll denn die - entsprechend ihrem Verbreitungsgebiet - unterkommen?


    Bei Degusiella etwa, ging das ihrem Verbreitungsgebiet gemäß recht gut - soundsoviel, sind bei Aphonopelma gelandet - aber Haplopelma?


    Gruß
    Joachim B.

  • Hi,


    [*]Aus Haplopelma lividum mach Cyriopagopus lividum[/list]


    Auch wenn sie in der Arbeit Cyriopagopus lividum genannt wird, m.W.n. müsste sie Cyriopagopus lividus heißen. ...ein weiterer Schwachpunkt der Arbeit...


    viele Grüße
    Martin


    PS.: Evtl. wird es langsam mal Zeit im Hobby Trivialnamen einzführen. Dann braucht man sich nicht ständig mit den Namensänderungen in der Wissenschaftswelt rumzuschlagen! ;-)

  • Hi zusammen


    @Martin H.
    Völlig korrekt, ein weiterer Schwachpunkt der Arbeit. Danke fürs Hervorheben!


    @Joachim Borkenhagen
    Wie meinst du

    doch wie ist es mit der "Gattung" Haplopelma selbst


    Gemäss dieser Revision ist die Gattung Haplopelma ein Synonym von Cyriopagopus, Haplopelma wird somit nicht mehr geführt -> Alle Arten der Gattung Haplopelma sind fortan in der Gattung Cyriopagopus zu finden.


    Gruss
    Martin

  • Wie meinst du


    Hallo Martin


    Ich meine natürlich nicht die vorliegende Arbeit hinsichtlich einer Synonymisierung!


    Als Basis meine ich die "jetzigen" Gegebenheiten. In der Annahme, daß die derzeitigen Arten in "andere" Gattungen unterkommen, "wie" soll die nachprüfbare Auflösung der Gattung Haplopelma - nicht wie jetzt lediglich nur so etwas wie ein Transfer - begründet werden?


    Mit den Kriterien der Taxonomie, das ist schon klar. Aber in welche Gattungen? Denn wenn sie nur mit "einer " Gattung synonymisiert wird, ist es doch lediglich ein Zustand wie bei der jetzigen Arbeit.


    Gruß
    Joachim B.

  • Hi Joachim


    Da gibt es noch einiges zu tun und ich werde hier auch nicht aus dem "Nähkästchen" plaudern. Trotzdem noch eine Textstelle wie sie im WSC zu finden ist.


    ...considered a senior synonym of Melopoeus Pocock, 1895 by Raven, 1985a: 116 (but see also Schmidt, 2010b, who considered the type species a member of Ornithoctonus Pocock, 1892 and therefore considered Melopoeus the earliest available name for the remaining species).


    Eine gute Lektüre zu dem Thema ist auch

  • Ich hab mich jetzt auch nochmal durch die Arbeit gewühlt und kann eig. nur den Kopf schütteln:


    1. Lampropelma violaceopes: Über den Transfer wird nur geschrieben "On examining this material in the BMNH, it is immediately obvious that the female should have been described as a new species of Cyriopagopus". Ist das jetzt die Art und Weise wie wissenschaftliche Argumentationen geführt werden, "ist offensichtlich so"?
    Er geht nur ein weiteres mal auf dieses Thema ein und da steht dann auch nur "The female holotype of this Malaysian mainland arboreal has all the charcteristics of the genus Omothymus". Ja, und welche sind das? Keine Erläuterungen, keine Skizzen der taxonomisch relevanten Merkmale.


    2. Die Gattungs"beschreibung" von Omothymus: "Low caput, wide ocular tubercle, a spermathecae with twin seminal receptacles, single tibial apophysis capped with a comp of spines, stout leg 1. The key features that seperates the two genera are the presence of dictinctive grooves and apical keels on the embolus of the palpal bulb in all of the Malaysian Omothymus males."
    Da gibt es Beschreibungen aus dem 19 Jh. die detaillierter sind. Schön dass man mit diesen Ausführungen Phormingochilus und Omothymus unterscheiden kann, aber was ist bspw. mit Lampropelma? Vor allem ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal der Gattungen die genitale Morphologie der Männchen, wenn weiter unten angemerkt wird "until all of the Phormingochilus males have been described"?! Da wird also das wesentliche Unterscheidungsmerkmal an Material geknüpft, das weitgehend unbekannt ist?!


    3. Die Gattung Phormingochilus: Das ganze Ding heißt Revision und da kommt dann so ein Satz "The type material [of P. fuschi] was examined, but analysis of this species is not included in this paper." Wenn man vorher die Passage "As P. everetti has now been bred in captivity, and it has been ascertained that the males have a tibial apophysis (aka "spur"), we propose that Pocock's [sic] specimen is not the male of P. everetti" ist das schon ein beinahe sträfliches Versäumnis. Es fällt nicht ein Wort darüber, ob man taxonomische Unterschiede zwischen dem Holotyp und Paratyp von P. everetti gefunden habe. Da ist sowas schon eine steile These, wäre ja nicht die erste falsch identifizierte Art im Hobby. Lustiger wird das ganze ja noch mit dem Statement am Ende: "Although we have not technically examined any pet trade material". Aber mit Hobbymaterial die Synonymisierung rechtfertigen, oder wie?!
    "[T]he absence of a tbial apophysis in the male of Phormingochilus" ist also kein ausreichendes Merkmal für die Gattungsunterscheidung, "the presence of dictinctive grooves and apical keels on the embolus of the palpal bulb in all of the Malaysian Omothymus males." aber schon? Zumal diese Merkmale nach Aussage des Senior-Autors in abgeschwächter Form teilweise auch bei Phormingochilus zu finden seien. Das wirkt mir doch ziemlich willkürlich. Mit einer kladistischen Analyse, die das stützen würde, wäre das noch mal was anderes, aber so?


    4. Die Synonymisierung von Haplopelma: "[...] have a raised caput [...], a small round ocular tubercle, wide clypeus and a fused spermathecae." Weder werden diese Merkmale in der Arbeit skizziert, noch werden die anderen wesentlichen Merkmale von Haplopelma erwähnt, die C. paganus dann ja eig. auch haben müsste. Genauso wird verschwiegen, dass teilweise auch Spezies der Gattung Ornithoctonus diese Merkmale haben können. Alles stützt sich auf einen Idenitifikationsschlüssel, der inzwischen gut 30 Jahre alt ist. Darüber hinaus wurde nicht ein Exemplar der Gattung Haplopelma untersucht. Dass soll eine solche Synonymisierung rechtfertigen?


    5. Cyriopagopus: "albostriatu[m]", "hainanu[m]", "lividu[m]", "robustu[m]" Ernsthaft? Nichtmal eine simple Umbenennung klappt problemlos?



    Wenn das jetzt die Qualitätsstandards sind, um an unseren Terrarien die Namensschilder zu ändern, schicke ich die Tage glaube ich auch mal einen Text an die DeArGe, ich wollte schon immer mal ein paar Arten/Gattungen umbenennen...

    Wenn dieser Tag doch niemals kommt, an dem der Himmel mit dir lacht
    und alles hell und strahlend macht, dann bleibt dir immer noch die Nacht!
    Carpe noctem.

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